Alles, was du über Long Distance Walks wissen musst, inkl. vieler Tipps.

2017 habe ich erstmals in Luxemburg an einem zweitägigen Long Distance Walk bzw. Marsch von 2×42 km teilgenommen. Mich hat damals die Herausforderung gereizt die Marathondistanz zu wandern und ein bis dahin nicht gekanntes Limit zu bewältigen. Seither hat mich das Marschieren nicht mehr losgelassen und ich habe an vielen internationalen Märschen teilgenommen.

Hier eine Zusammenfassung über alles Wichtige, was es zum Thema Marschieren zu wissen gibt.

Was ist Long Distance Walking bzw. Marschieren überhaupt?

  • Beim Marschieren geht es darum eine längere Distanz zu wandern.
  • Die Marschdistanzen variieren von 10km bis hin zu über 100km und mehr pro Tag. Die Standarddistanz eines Marsches beträgt 42km.
  • Jedes Jahr finden rund um den Globus hunderte, meist mehrtägige, organisierte Märsche statt.
  • Die größten und wichtigsten internationalen Organisatoren von Märschen sind der International Marching League (IML), sowie der Internationaler Volkssport Verband (IVV).

IML (International Marching League)

Persönlich habe ich bislang nur bei IML-Märschen teilgenommen. Diese zeichnen sich durch die folgenden Dinge aus:

  • Um eine Auszeichnung zu erhalten ist Basis-Vorrausetzung mindestens 20km pro Tag an mindestens zwei aufeinanderfolgenden Tagen zu wandern.
  • Es gibt einen IML-Pass, den man beim ersten Marsch erwerben kann. Für jeden absolvierten Marsch bekommt man einen Stempel. Für die Anzahl der absolvierten Märsche, sowie für verschiedene Länderkollektionen gibt es besondere Auszeichnungen. Die höchste Auszeichnung ist dabei die goldene IML Medaille am blauen Band mit 3 Kronen, welche man erhält, wenn man 600 Märsche (!) absolviert hat. Für alle die dieses Ziel erreichen wollen, bedeutet Marschieren eine Lebensaufgabe.
  • Es gibt jedes Jahr weltweit 30 IML-Märsche, wovon 19 in Europa stattfinden.
  • Der größte IML Marsch in Europa ist der 4 Tagesmarsch in Nijmegen (NL), bei dem jährlich mehr als 40.000 Menschen teilnehmen.

Diese Dinge machen das Marschieren zu etwas ganz Besonderem

  • Herausforderung: Lange Distanzen zu wandern ist eine Herausforderung, die sowohl körperlich als auch mental viel abverlangt. Vor allem dann, wenn man 40+ km pro Tag wandert.
  • Internationale Gemeinschaft: Bei den Märschen kommen Leute aus verschiedensten Ländern zusammen. Man schließt schnell neue Freundschaften und sieht sich immer mal auf Märschen wieder. Es ist eine große Familie.
  • Zusammenhalt: Wenn es ununterbrochen regnet, die Füße schmerzen oder die Kraft zur Neige geht kann ein Marsch zur absoluten Tortur werden. In solchen Momenten unterstützt man sich gegenseitig durchzuhalten und ans Ziel zu kommen.
  • Kein Wettbewerb: Im Gegensatz zu Marathons gibt es bei Märschen keine Zeitmessung und keinen Wettbewerb. Es geht nur ums Durchhalten und Ankommen.
  • Keine Kommerzialisierung: Märsche sind bislang weitgehend von der Kommerzialisierung verschont geblieben. Beim IML sind es meist kleine lokale Vereine, welche die Märsche organisieren. Die Teilnahmegebühren sind entsprechend niedrig.
  • Für jeden: Die Teilnehmer sind so vielfältig wie die Märsche selbst. Es gibt Teilnehmer über 80, die mitgehen und schneller sind als die jungen Soldaten. Sogar Blinden und über 90-jährigen bin ich auf Märschen schon begegnet.
  • Man sieht viel: Märsche finden oft an weniger bekannten Orten statt, an die man sonst vermutlich nicht reisen würde. Die Landschaften sind oft großartig. Durch die Länge der Märsche sieht man viel von einer Region und kommt auch schnell in Kontakt mit Einheimischen.

Wie man sich am besten auf einen langen Marsch vorbereitet

Wer gerne einen 2 x 42 km langen Marsch absolvieren will, sollte sich vorbereiten.  Wer ungeübt ist, sollte sich ca. 9 Wochen Zeit nehmen, um das Fitnesslevel zu erreichen. Die folgende Strategie kann ich hierfür empfehlen:

  • Woche 1: 10km an einem Tag
  • Woche 2: 15km an einem Tag
  • Woche 3: 2 Tage mit jeweils 10km
  • Woche 4: 20km an einem Tag
  • Woche 5: 25km an einem Tag
  • Woche 6: 1 Tag 10km und 1 Tag mit 20km
  • Woche 7: 2 Tage mit jeweils 20km
  • Woche 8: 30km an einem Tag
  • Woche 9: 2 Tage mit jeweils 30km
  • Woche 10: Marsch

Wer bereits ein gutes Fitnesslevel hat, kann die Vorbereitung auch in 4 Wochen schaffen.

Tipps für Long Distance Walks

Vorbereitung

  1. Bauchtasche statt Rucksack
    Bei einem langen Fußmarsch zählt jedes Kilo, das man weniger mittragen muss. Deshalb solltest du schauen, dass du eine Bauchtasche statt einem Rucksack mitnimmst. Eine Bauchtasche hat zudem den Vorteil, dass du an warmen Tagen keinen, unangenehmen nassen Rücken bekommst.
  2. Keine neuen Schuhe verwenden
    Bei einem Marsch solltest du eingetragene Schuhe verwenden, da du sonst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Probleme bekommen wirst (z.B. Blasen).
  3. Tape & Schmerzgel mitnehmen
    Lange Distanzen zu Marschieren ist eine beachtliche Anstrengung für deinen Körper. Du wirst Schmerzen haben, die stark werden können. Deshalb solltest du Schmerzgel und Tape dabeihaben, damit du die betroffenen Stellen unterwegs behandeln kannst.
  4. Trainieren
    Der ein oder andere wird sicherlich einen Marsch auch ohne Training absolvieren können. Allerdings muss man sich dann darauf vorbereiten, dass der Marsch sehr schnell zur Qual wird. Ideal ist es, wenn man ca. 9 Wochen vor einem mehrtägigen 42km Marsch mit dem Training beginnt. Wichtig ist auch zu wissen, dass ein Lauftraining ein Marschtraining nicht ersetzt, da die physische Beanspruchung eine andere.
  5. Früh Unterkunft buchen
    Viele internationale Märsche sind gut besucht. Entsprechend schnell sind oft Hotels vor Ort ausgebucht. Deshalb solltest du frühzeitig eine Unterkunft vor Ort buchen. Viele Veranstalter bieten übrigens auch selbst Gemeinschaftsunterkünfte an (z.B. in Sporthallen).
  6. Leichtes Gepäck
    Nimm nur das auf einen langen Marsch mit was du wirklich benötigst. Da es unterwegs in den meisten Fällen Verpflegung gibt, reicht es oft, wenn du nur eine mittlere Wasserflasche dabeihast. Zudem gibt es oft unterwegs auch Gaststätten oder Supermärkte, wo du dich stärken kannst. Im Vorfeld eines Marsches kannst du dich auf den Veranstalterwebseiten über die Verpflegung informieren und wirst auch oft erfahren, wo die Route entlangläuft.
  7. Gute Regenjacke
    Märsche sind lang. Falls du einen regnerischen Tag erwischst, muss deine Regenjacke im Extremfall auch mal 10 Stunden Regen aushalten. Lege dir deshalb eine gute Regenjacke für Märsche zu und imprägniere diese auch regelmäßig zuhause, damit der Regenschutz aufrecht bleibt. An stark regnerischen Tagen solltest du auch eine Regenhose mitnehmen, die du über die normale Hose drüberziehen kannst.
  8. Multilayer
    Da ein Marsch sich über viele Stunden hinzieht, oft im kalten Morgengrauen beginnt und sich im Tagesverlauf auch das Wetter ändern kann, ist es ratsam für unterschiedliche Temperaturen gerüstet sein. Persönlich trage ich als Oberbekleidung ein Multifunktionshemd, ein Fleece und bei Bedarf noch eine Regenjacke. So komme ich auch durch wechselhafte Tage mit hohen Temperaturschwankungen.
  9. Ersatzsocken
    40km wandern sind nicht nur anstrengend für dich, sondern auch für deine Socken. Geht eine Socke unterwegs kaputt so ist dies nicht gerade ideal. Deshalb solltest du ein Paar Ersatzsocken mitnehmen.
  10. Eigenen Trinkbecher mitbringen: Auf den meisten Märsche gibt es unterwegs Verpflegung. Meist werden Wasser, Tee oder Säfte in großen Behältern bereitgestellt. Um den Plastikmüll zu vermeiden, sollte man einen eigenen wiederverwendbaren Becher mitnehmen. Diesen kann man beispielsweise außen am Rucksack mit einem Karabinerhacken anbringen.

Während dem Marsch

  1. Pausen einlegen
    Ein Marsch zieht sich über viele Stunden hin. Um besser durchzuhalten, solltest du deshalb dem Körper zwischendurch Pausen gönnen. Persönlich lege ich bei einem 42km Marsch eine Pause nach ca. 20km, 30km, sowie eine letzte bei 37km ein.
  2. Genieße den Marsch
    Ein Marsch ist kein Wettbewerb. Es geht nicht darum wer am schnellsten ankommt. Deshalb solltest du dir Zeit nehmen den Marsch zu genießen
  3. Komme in Kontakt mit anderen Marsch-Teilnehmern
    Bei Märschen ist die Gemeinschaft meiner Meinung nach genauso wichtig, wie der Marsch selbst. Während einem Marsch wirst du fast immer mit anderen Teilnehmern unterwegs in Kontakt zu kommen. Dabei wirst du großartige Leute kennenlernen und manchmal werden sogar neue Freundschaften entstehen. So wirst du schrittweise Teil der internationalen Marsch-Familie.
  4. Stärke dich unterwegs
    Ein 42km Marsch ist anstrengend und dein Körper wird entsprechend viel Energie benötigen. Stärke dich deshalb unterwegs. Bei vielen Märschen wird Verpflegung an den Checkpunkten angeboten. Oft gibt es auch Supermärkte unterwegs.
  5. Die letzten Kilometer können durch ein Bier leichter werden
    Wenn die Füße schmerzen und die Motivation nachlässt, können die letzten Marschkilometer zur Tortur werden. In diesen Fällen kann meiner Erfahrung nach ein kühles Bier oft Wunder wirken.

Nach dem Marsch

  1. Warmes Fußbad am Abend
    Um einen Muskelkater am Folgetag zu vermeiden, hilft es am Abend nach dem Marsch ein warmes Fußbad zu nehmen. Dies lockert die Muskulatur und bietet deinen Füßen die notwendige Erholung.
  2. Nimm dir Zeit, um die Gegend zu sehen
    Märsche finden oft an grandiosen Plätzen statt. Während einem Marsch wirst du wenig Zeit haben für klassisches Sightseeing, da du den ganzen Tag mit Wandern verbringst. Deshalb solltest du dir vor oder nach dem Marsch noch ein paar Tage Zeit nehmen, um die Gegend zu erkunden.
  3. Nehme am Rahmenprogramm teil
    Ein Marsch lebt durch seine Teilnehmer. Um mit anderen wanderbegeisterten Leuten in Kontakt zu kommen, solltest du deshalb auch am Rahmenprogramm teilnehmen und nach dem Marsch noch einige Stunden an der jeweiligen Event-Location verbleiben. Oft organisieren auch die lokalen Veranstalter noch allerlei Darbietungen von der Musikkapelle bis hin traditionellen Tanzdarbietung.

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